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Die Inflation der PR-Währung und ihre Folgen

Clippings und die Transformation der Kommunikation fordern Unternehmen

Clippings und die Transformation der Kommunikation fordern Unternehmen

Clippingssind bis zum heutigen Tag in Wahrheit die einzig valide Währung der Kommunikation – noch. Auch wenn die Kommunikationsagentur oder der Pressesprecher dem Vorstand immer wieder vorbeten, wie wichtig der gute Kontakt zur Journalist A oder B sei, Pressearbeit ein langfristiges und auf wechselseitigem Vertrauen basierendes Geschäft sei oder dass man Abdrucke eben nicht erzwingen könne: Die digitale oder analoge Kopie der Veröffentlichung, mit Quellenangaben sowie Zusatzinformationen wie Auflage, Reichweite, Verleger, Platzierung versehen, ist der Dollar der PR.

Doch diese Kommunikationswährung unterliegt derzeit einer drastischen Inflation. Und das ist in Wahrheit mehr als konsequent.

Clippings selbst für Vertriebserfolge verantwortlich

Abdrucke oder Internet-Veröffentlichungen sind das, womit der Vertrieb zum Kunden geht. Presseberichte gehören auf jede Webseite, und sie sind die Daseinsberechtigung eines jeden PR-Verantwortlichen. In der so genannten Medienresonanz-Analyse traut man sich sogar zu, Clippings auf ihre Wirksamkeit hin messen zu können. In einigen Unternehmen führt man gar Vertriebserfolge auch auf Veröffentlichungen zurück. Kurz gesagt: Clippings entscheiden aus der Sicht der Chefetage über den Erfolg oder Misserfolg von PR. Das ist zwar in den allermeisten Fällen viel zu kurz gesprungen, aber wer etwas anderes sagt, kennt nicht den Unternehmensalltag. Es stimmt, dass Kommunikation in der Tat viel zu komplex ist, als dass sie sich nur auf „Clipping“, „Kein-Clipping“ zurückführen ließe, aber es wäre ebenfalls falsch zu sagen, dass ein PRler gänzlich ohne oder mit ganz wenigen Veröffentlichungen einen guten Job macht.

„Freistücke“ – die Dreingabe der Verlage

Jetzt ist es aber so, dass die Auflagenzahlen vor allem im B2B-Segment massiv zurückgegangen sind. Ganz abgesehen davon, dass viele Fachtitel nicht mehr existent sind. Dazu ein Rechenexempel: eine ehedem namhafte Publikation in einer vertikalen Branche käme beispielsweise noch auf eine Gesamtauflage von etwa 18.000 Stück. Es finden sich 4.000 Leser, die dafür noch Geld bezahlen, 14.000 potenzielle(!) Leser beglückt man damit kostenlos in Form so genannter Freistücke. Diese platziert man an Auslagestellen wie Messen, Konferenzen oder auf Flughäfen, von denen man weiß, dass dort die Zielgruppe zugegen ist. Hier nimmt man an, dass ebenfalls kräftig zugegriffen und auch gelesen wird – man weiß es aber definitiv nicht!

Folgt man nun Berechnungen solider Leserforschung und hat darüber hinaus ein Herz für Medien dieser Art, so kann man bestenfalls annehmen, dass etwa 2.800 bezahlte Exemplare und nochmal so viele kostenlose tatsächlich gelesen werden. Nimmt man dann noch an – auch das ist ein Wert, der zu hinterfragen ist und lediglich immer wieder seitens der Verleger kommuniziert wird – dass die Publikation weitergereicht wird und von mehr als einer Person gelesen wird, so ist 7.000 „echte“ Leser ein valider Schätzwert. 7.000 Menschen also, die man erreicht. 7.000, die längst nicht jeden Artikel (zu Ende) lesen, 7.000 mit ganz eigenen Interessen und Ansichten, 7.000 mit einer individuellen Motivation, warum sie sich für einen Artikel interessieren oder eben nicht.

Fachtitel verlieren erdrutschartig an Auflage – rutschen Sie nicht mit

Und das ist – diese Wahrheit tut weh – lächerlich. Denn was soll man mit einem Clipping in solch einer Publikation erreichen? Welche irrsinnige Kausalität muss eintreten, dass einer dieser 7.000 (so die Leserschaft wirklich so „hoch“ ist) tatsächlich eine Kaufentscheidung (auch) aufgrund dieser Berichterstattung trifft? Wie flüchtig ist dieser mediale Wiederhall in Wirklichkeit?


Deshalb müssen Unternehmen die Kröte schlucken und akzeptieren, dass das Risiko auf mehrere „Währungen“ verteilt sein muss. Derjenige Anwenderbericht, den man in der 7.000-Leser-Publikation platziert hat, muss auch auf der Website sein, muss auch für den Vertrieb komprimiert und gefällig etwa als broschierter Einseiter zur Verfügung stehen. Und er kann und sollte zum Beispiel als kurzes Videointerview in den sozialen Netzen stehen. Anders lässt sich heute keine akzeptable Reichweite mehr erzielen. Dieser Prozess ist aufwändig und kostet Geld, wenn er von Qualität begleitet sein soll, bringt aber ansonsten rein gar nix mehr. Hatte man früher den breiten Kommunikationsfluss, so zählt heute ein Netzwerk aus vielen Bächen, das bedient werden muss.

Und ganz egal, ob man das neudeutsch „Content Marketing“ nennt oder schlicht Transformation der Kommunikation: Dieser Paradigmenwechsel läuft auf Hochtouren.

Gastautor Sven Hansel, IT- und Wirtschaftsjournalist


Lesen Sie in der nächsten Folge von
Wissenswerteswie Sie diesen Paradigmenwechsel mitgestalten können.

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