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Künstliche Intelligenz, die Zweite.

Weil es wichtig ist, weil die Veränderung im Gange ist, weil es unsere Zukunft – positiv – bestimmt. Wie wir das erreichen können, lesen Sie hier.

Ein IT-Gespenst geht um – mal wieder. Und ebenso muss man sich wieder fragen, warum es ausgerechnet hierzulande als solches bezeichnet wird. Nach der Big-Data-Analyse und dem Cloud-Computing ist es nun das Thema Künstliche Intelligenz (KI), dem Unternehmen offensichtlich entweder mit Hysterie oder mit Aktionismus begegnen. Dazwischen gibt es wenig bis gar nichts.

Und das ist nicht nur schade, sondern annähernd dramatisch. Denn – und da muss man sich wirklich nichts vormachen – es ist eine der letzten Chancen, dass Deutschland den Anschluss an die entscheidenden Zukunftstechnologien hält. Nachdem in Sachen Cloud der Zug längst abgefahren ist, sollten die Alarmglocken klingeln und das Thema KI mit Sinn und Verstand angegangen werden.

Warum ist das so?

KI bringt Nutzen, Punkt!
Die Fakten: Allein in der Industrie rechnet mittlerweile jedes zweite Unternehmen damit, dass etwa maschinelles Lernen Geschäftsmodelle tiefgreifend verändern wird. KI in der smarten Fabrik steigert demnach die Produktivität, verbessert die Fehlererkennung und reduziert dadurch die Ausfallzeiten von Maschinen, optimiert Prozesse in Produktion und Fertigung, steigert die Produktqualität, verbessert die Skalierbarkeit und sorgt auch für weniger Kosten, beispielsweise für Personal, Wartung, Inspektion und Entwicklung.

Big Data und KI sollen unter anderem Krebs und neurodegenerative Erkrankungen schneller, günstiger und zuverlässiger analysieren, therapieren und, so möglich, sogar verhindern.

Und auch wenn´s komisch klingt: Vier von 10 berufstägigen Bundesbürgern (44 Prozent) hoffen und wünschen, dass eine KI den eigenen Vorgesetzten unterstützt, etwa mit automatischen Analysen für schnellere und bessere Entscheidungen. 3 von 10 (30 Prozent) würden sogar noch weiter gehen und den eigenen Chef gerne komplett durch eine KI ersetzen. Böse, aber wer will es manchem Mitarbeiter verdenken …

KI ist nicht mehr als Mathematik
Um es sich auf der Zunge zergehen zu lassen: Das heißt im Endeffekt nichts anderes, als dass lediglich auf Mathematik beruhende, eindeutige Handlungsvorschriften zur Lösung eines Problems oder einer Klasse von Problemen massiven Einfluss auf unsere gesellschaftliche, ökonomische und ökologische Grundordnung nehmen können. Und zwar in positiver Hinsicht. Lässt man unrealistische Horrorszenarien mal außen vor und berücksichtigt lediglich nachvollziehbare Einwände, so lässt sich insgesamt dennoch festhalten: KI tut uns gut! Und das ist, sofern massiv in KI investiert wird, im Grunde genommen kein Hexenwerk.

Der Mittelstand tut sich indes noch sehr, sehr schwer damit, wenngleich es an allen Ecken und Enden sinnvolle Unterstützung gibt. Selbst Schlüsselindustrien sind nicht wirklich an vorderster Front mit KI beschäftigt.

Dabei könnte es so einfach sein. Denn wie man KI sozusagen zum Leben erweckt, das konnte ich mir von zwei sympathischen Fachleuten unlängst ausgiebig erläutern lassen.

So ist zwar auf der einen Seite Aktionismus völlig fehl am Platze, wenn es um KI geht. Auf der anderen Seite muss man, wie der bekannte Analyst Axel Oppermann es richtig ausdrückt, unterscheiden zwischen Vorwand und Einwand. Denn, siehe die bereits erwähnten gigantischen Vorteile durch KI, grundsätzlich beißt die Maus keinen Faden ab, dass KI prinzipiell eine Pflichtübung ist.

Alles andere sind ansonsten lediglich Scheindiskussionen, die völlig am Ziel vorbeischießen. Vergleichbar etwa mit der Sinnhaftigkeit einer „deutschen Cloud“, ein Rohrkrepierer sondergleichen. Eine Cloud zeichnet sich eben dadurch aus, dass sie flexibel und grenzenlos ist, das ist ihr Charakter. Dennoch lässt sie sich in Regularien und Compliance-Vorgaben packen.

Wie der Mittelstand KI umsetzt
Viel besser ist der Angang, den Oppermann nennt: Gerade Mittelständler sollten ihr KI-Engagement zuallererst auf eine gewisse „Wünschbarkeit“ hin prüfen. Also checken, welche tatsächlichen(!) Bedarfe in den Fachabteilungen existieren: Was wünschen sich die Fachabteilungen zur Unterstützung sehnlichst? Und könnte KI hier tatsächlich ein Mittel sein, diese Wünsche zu erfüllen? Dann geht es an die Bedarfe: Was bringt das Unternehmen voran, wo hat es Schwächen? Und schließlich, so Oppermann, sei es wichtig, immer auch die Wirtschaftlichkeit eines KI-Projektes, sprich dessen Verhältnismäßigkeit, zu überprüfen. Indes: Spätestens dann, wenn die wirtschaftliche Konjunktur abflaue, käme man auch als Mittelständler nicht mehr umhin, sich mit dem Thema KI-Einsatz zu beschäftigen, als Kosten-Stopper und Effizienz-Turbo, der personelle Ressourcen rationalisiert und Prozesse wirtschaftlicher gestaltet.

Und auch aus der technologischen Ecke gibt es genügend Ansatzpunkte für den Mittelstand, wie der KI-Start schnell und mit überschaubaren Kosten verwirklicht werden kann, sagt Stephan Reimann: Prozess- und organisationsorientiertes Design Thinking, bei dem sowohl die IT als auch die Fachabteilung am Tisch sitzen, sind hier das Mittel der Wahl. Es reicht demnach immer, im ersten Schritt mit den berühmten Beibooten zu starten, bevor der Tanker in Bewegung gesetzt wird. Das Beiboot anschließend erfolgreich an diesen zu koppeln, sei dann nur noch eine leichte Übung.

Es ist also alles andere als ein Gespenst, diese KI, auch für den Mittelstand. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es, gewusst wie, so einfach ist das.


Gastautor Sven Hansel, IT- und Wirtschaftsjournalist
Bildquelle: Pixabay

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